Habt ihr Lust auf eine kleine Tour? Natürlich. Na klar. Los geht´s.
Ihr seid beide bei der Justiz? Ja! Was macht ihr da? Ich mach aktuell ein duales Studiumzur Diplomverwaltungswirtin. Aha. Und du? Ja, und ich bin Amtsanwältin. Okay.
Das heißt, du arbeitest im Knast? Ja!Hattest du da immer schon Lust drauf? Oder hattest du da auch Manchetten vor? Ne, es war Zufall, tatsächlich, dassich überhaupt darauf gekommen bin. Also ich bin jetzt nicht in mein Leben reingestiegenund habe mir gedacht: Ja, ich werde später mal im Knast arbeiten. Gerade als Frau ist das ja immerso eine Sache, dass man da eher abgeschreckt ist. Aber war bei mir überhaupt nicht so, alsoich finde es einfach mega, dass man da nie weiß, was passiert. Da war immer diese gewisse Spannung, abergenau das macht, finde ich, diesen ganzen Beruf so cool. Dass man einfach, ja, dass es unberechenbar ist, was passiert.
Verstehe.
Und du bist Amtsanwältin? Ja, tatsächlich Amtsanwältin, also für alle diesich da drunter nichts vorstellen können: bei Gericht werde ich mit "Frau Staatsanwältin" angesprochen.
Aha! Genau. Man macht an der Stelle auch genau das Gleiche, was einStaatsanwalt macht. Das heißt, ich führe mit durch die Hauptverhandlung, ich halte das Plädoyer, ichverlese die Anklageschriften, ich stell die Fragen. Ja.
Ich konnte mir vorher überhaupt nichts darunter vorstellen, ehrlich gesagt. Man hörtimmer "Amtsanwalt", aber... Ja, man kann das auch nur werden, wenn man vorher Rechtspflegerin gewesen ist. Tatsächlich.
Ich habe gesehen, du bist ja, genau wie ich gerade, auf vier Rädern unterwegs. Ja!Ist das schwierig, da in die Justiz zu kommen? Also für die Justiz war es tatsächlichsogar ein bisschen praktischer, weil als ich mich zur Rechtspflegerin beworben habe, war icheigentlich schon ein bisschen zu alt dafür und hatte mich auch gemelden, hab gesagt "Wie sieht esdenn aus? Ich bin schon 30. Kann ich mich überhaupt noch bewerben?" Und dann hat die gesagt: "Ja, das isteigentlich ist es zu alt." sagte sie. "Es sei denn, Sie wären schwerbehindert." Und da habe ich gesagt: "Ja, das bin ich!Ich kann nicht laufen." Und dann hat sie gesagt: "Das ist ja super! Ne, so meine ich das natürlich jetztnicht, aber ja also dann können Sie sich noch bewerben." Und das heißt, da war es wirklich gar kein Problem.
Du würdest sagen, für Menschen mit Handicap ist die Justiz ein guter Arbeitgeber?Auf jeden Fall, gar keine Frage!Habt ihr euch das so vorgestellt, wie es dann geworden ist in der Justiz?Ich hatte tatsächlich überhaupt nicht viele Vorstellungen, was mich erwartet. Ich habe mehrfach vorher beiKollegen, also jetzt Kollegen geworden, nachgefragt, wie so ein typischer Arbeitsalltag aussieht.Aber das kann man einfach nie beantworten. Deswegen hatte ich auch nicht so viel Erwartungen, habe michüberraschen lassen und bin tatsächlich überzeugt, einfach weil es so ja breit gefächert ist: von denAbteilungen, die man übernehmen kann, aber auch ja von den Aufgaben intern, die da immer wiederanfallen oder halt einfach das Unberechenbare. Du weißt halt nie, was passiert. Also bin ichenttäuscht worden. Als Amtsanwältin oder auch als Rechtspflegerin muss man sagen: Es ist tatsächlich,wenn man weiß, dass hinter jeder Akte ein echter Mensch und ein echtes Schicksal steckt und wir diebei uns haben und die kennenlernen. Ja, auch wenn man sagt: "Ja, man bearbeitet die Akte."Man bearbeitet nicht die Akte. Sondern man entscheidet an vielen Stellen, tatsächlich, man entscheidet überdas Leben. Man greift in das Leben von Menschen ein und das macht man einfach, auch wenn alles gut geht,mit der nötigen Sensibilität. Das zu tun, ne? Es sind einfach nur Menschen. Das muss man man sich auchbei uns immer wieder vor Augen führen. Das ist auch so, wenn man im Knast arbeitet? Ja! Ja, glaube ich sofort.Sind wir schon da oder wie? Wir sind leider schon da. Das war sehr spannend. Das war flott. Danke! Danke auch! Tschüss! Tschüss!